In St. Gallen nahm die Neue Frauenbewegung 1974 mit der Gründung der Frauengruppe St. Gallen ihren Anfang. Von Berlin zurückgekehrt ergriff eine Ökonomiestudentin der damaligen HSG die Initiative und gründete mit 30 Frauen die Frauengruppe St. Gallen. Zu dieser Gruppe gehörten Lehrerinnen, Studentinnen der HSG, Kindergärtnerinnen, Hausfrauen und Angestellte. Sie wollten «Sich bewusstwerden über die Stellung der Frau in der Gesellschaft, die Isolation abbauen, Solidarität üben, sowie selbstbewusst und aktiv werden.» Bald bildeten sie Interessengruppen zu den Themen Bildung, Rollenteilung, Sexualität, Schwangerschaftsabbruch und Gruppendynamik. Bei der Diskussion um die Art der Beziehungen unter Frauen wurde die Solidarität unter Frauen genauso thematisiert wie Machtfragen innerhalb der Bewegung. Die Frauengruppe St. Gallen mietete 1975 eine Wohnung an der Linsebühlstrasse, um eine Beratungsstelle für Frauen, INFRA einzurichten. Später zügelte die INFRA an die Löwengasse und stellte 1992 ihre Arbeit ein. 1978 gehörten rund 90 Frauen zur Frauengruppe St. Gallen. Es gab zwei Selbsterfahrungsgruppen, die Infra-Beratungsstelle, eine Frauenbeizgruppe, die homosexuelle Frauengruppe und eine Gruppe zum Thema «Gewalt gegen Frauen». Angeboten wurde seit dem Dezember 1977 ein AIKIDO-Kurs zur Selbstverteidigung. Später setzte sich eine Gruppe mit den Erfahrungen von Frauen mit Frauenärzten auseinander. 1989 gründeten Frauen den Verein «Selbstverteidigung von Frauen und Mädchen», der bis heute Wen-Do Kurse anbietet. (mw)
Quelle: Plakat der Informationsstelle für Frauen INFRA St. Gallen, o.D., Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz.
Quelle: Flugblatt des Vereins Selbstverteidigung für Frauen und Mädchen in St. Gallen, o.D., Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz.
Quelle: Flugblatt zu verschiedenen Wen-Do-Selbstverteidigungstechniken, o.D., Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz.