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Frauengruppe St. Gallen in der studentischen Zeitschrift Prisma

Gleich beim ersten öffentlichen Auftritt der Frauengruppe St. Gallen hagelte es Kritik.
Was war geschehen? Die Frauengruppe St. Gallen hatte 1976, nach dem Abklingen erster interner Diskussionen, die Gestaltung einer Nummer des «Prisma», einer Student*innenzeitschrift der HSG St. Gallen, an die Hand genommen. Die Themen, mit denen sie sich in die Öffentlichkeit wagte, umfassten: die Erfahrungen einer HSG-Studentin sowie die Diskriminierung von Frauen in der Bildung allgemein, die Forderung nach Handarbeits- und Hauswirtschaftsunterricht auch für Knaben, Fragen zu Sexualität und Rollenverhalten, Ausführungen zur Diskriminierung durch das Recht und die Forderung nach gleichen Rechten für Frau und Mann. Die Texte waren differenziert formuliert und warfen wichtige Fragen auf. Gleich auf der ersten Seite machten die Verfasserinnen deutlich, dass es ihnen um ein Miteinander und nicht um ein Gegeneinander ging: «Unseren Bewusstwerdungsprozess wollen wir gemeinsam mit dem Partner vollziehen und lehnen es ab, die alten Machtstrukturen, die wir in Frage stellen, selbst zu übernehmen.» Die Reaktionen fielen vor allem von Seiten der konservativen Studentenschaft trotzdem negativ aus. Die Veröffentlichung dieses Heftes war ein Versuch, in den öffentlichen Diskurs über Rollenverhalten und geschlechtspezifische Arbeitsteilung zu intervenieren. Bereits das Titelblatt war eine klare Absage an ein dekoratives Frauenbild. Das Heft sollte Diskussionen in Gang setzen und hat dies auch erreicht. (mw)

Quelle: Von Frauen. Titelseite der Zeitschrift Prisma, Januar 1976, Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz.