Frauenkommission des Gehörlosenbundes
Mehrere Projekte von Frauen mit Behinderungen fanden in den 1990er Jahren ihre Anfänge. Geprägt von den Eindrücken des Frauenstreiks 1991 initiierten gehörlose Frauen die Arbeitsgruppe FRAU innerhalb des Schweizerischen Gehörlosenbundes (SGB-FSS), dem politisch aktiven «Selbsthilfeverband» der Gehörlosen. Einzelne Exponentinnen, besonders die erste Frauenbeauftragte des SGB, Jutta Gstrein, machten sich für die Sichtbarkeit ihrer Bedürfnisse und der spezifischen Identität als gehörlos und Frau stark. Ein wichtiges Ziel der Arbeitsgruppe FRAU war die Vernetzung mit «Frauenprojekten unserer Gesellschaft» und der Aufbau eines «Netzwerks zu anderen Frauenorganisationen». Dieses Bedürfnis entstammte der Erfahrung, dass die Vernetzung mit hörenden Frauen für die in gebärdensprachlich kommunizierenden gehörlosen Frauen besonders schwierig war und sie im Zugang zu Frauenräumen mit spezifischen Hürden konfrontiert waren.
avanti donne
Ebenfalls in die 90er Jahre geht die Idee für die Kontaktstelle avanti donne– Interessenvertretung von Frauen und Mädchen mit Behinderung als Anlaufstelle für behinderte Frauen zurück. Auslöser war die transnationale Vernetzung zwischen Frauen aus Österreich und der Schweiz. Eine Pionierin dieser Vernetzungsstelle war Rita Vökt-Iseli, die zuerst innerhalb der Selbsthilfeorganisation Procap eine Frauengruppe anstiess. Im Jahr 2000 organisierte diese Gruppe in Olten eine erste Frauenkonferenz für Frauen mit Behinderung mit über 90 Teilnehmerinnen.
Die am 8. März 2002 eröffnete virtuelle Anlaufstelle avanti donne ist dem Prinzip des Peer Counselling verschrieben: Frauen mit Behinderung unterstützen andere Frauen mit Behinderungen. Die Fachstelle hat in den letzten Jahren aber auch verstärkt Forschungsprojekte zur Lage von Frauen mit Behinderung angestossen und sich für die verstärkte Sichtbarkeit der Mehrfachbelastung behinderter Frauen im Alltag eingesetzt. Mit dieser Arbeit verweist avanti donne auch immer wieder auf blinde Flecken breiter feministischer Kreise, wo Frauen mit Behinderung noch immer wenig sichtbar sind.
Quelle: avanti donne – Interessenvertretung Frauen und Mädchen mit Behinderung (Hg.): Vernetzung, Maisprach 2010 (netzbrief. Frau, Behinderung & Gesellschaft 1). Online: https://www.avantidonne.ch/getdoc/71a5adff-0c4c-421f-ae63-e798d97665e2/netzbrief_1-10_Original.aspx, Stand: 15.06.2021.
Quelle: Vökt-Iseli, Rita: avanti donne. Ein Frauenselbsthilfeprojekt in der Schweiz, Referat an der Konferenz behinderter Frauen in Linz 2004. Online: https://www.avantidonne.ch/ueber-uns/Geschichte.aspx, Stand: 15.06.2021.
Quelle: Schweizerischer Gehörlosenbund Region Deutschschweiz (Hg.); Frauenbewegung, Zürich 2000 (SGB-Nachrichten 75) (Titelseite und Editorial).